Shake it! Nanoshake im Physik Lab

Eine Gruppe «Honours Academy Students» der niederländische Radboud University Nijmegen besuchte Ende Februar die ETH Zürich. Sie erhielten ausgewählte Einblicke in die Spitzenforschung der Departemente Biologie und Physik, nachdem sie durch eine Führung über den Campus Hönggerberg einen ersten Eindruck des Forschungsstandortes gewonnen haben. Wir begleiteten sie in die Labore der Forschungsgruppe von ETH-Professorin Rachel Grange.

von Regina Moser
Radboud University Visit: Jolanda Müller, Masterstudentin in der Gruppe von Prof. Rachel Grange
Jolanda Müller, Masterstudentin in der Gruppe von Prof. Rachel Grange demonstriert den Studierenden aus den Niederlanden den «Nanoshake». (Foto: ETH Zürich / D-PHYS Heidi Hostettler)

Frequenzverdopplung

Es gibt Umgebungen, in denen Instrumente komplett zuverlässig und wartungsfrei funktionieren und gleichzeitig möglichst kompakt und leicht sein müssen – zum Beispiel im All. Das bietet neue Herausforderungen für Instrumente, die andernorts bereits gut funktionieren. Zum Beispiel ein grüner Laser wie im Laserpointer: Das grüne Laserlicht wird aus ursprünglich infrarotem, nicht sichtbarem Licht erzeugt. Langwelliges infrarotes Licht wird mittels eines quaderförmigen Kristalls und unter hohem Energieaufwand in kurzwelliges Licht umgewandelt. Das heisst, ein Teil davon tritt mit doppelter Frequenz grün aus. Diese Frequenzverdoppelung nennt man auch «Second Harmonic Generation».

Neue Strukturen gesucht

Die Frequenzverdoppelung funktioniert am besten, wenn ein Kristall mit translationsinvariantem Gitter im richtigen Winkel zum eintretenden Lichtstrahl absolut fixiert ist. Das ist bei sehr kleinen Instrumenten bei starken Erschütterungen und hohen Temperaturschwankungen nicht immer garantiert. Deshalb sucht die Forschungsgruppe von Prof. Rachel Grange nach neuen Strukturen, die auch unter hoher Belastung zuverlässig funktionieren: Einerseits Strukturen aus nur wenige Nanometer grossen Halbleitern, deren Eigenschaften der Nanoforscher Grégoire Saerens den Studierenden in seinem Labor am Hoenggerberg erklärte; andererseits solche aus Metalloxiden wie Lithiumniobat-Nanowürfel, die Jolanda Müller in gewünschte Formen bringt. Sie wird in ihrem Masterprojekt von Dr. Romolo Savo betreut, der diese Forschung im Rahmen eines externe SeiteMarie Skłodowska-Curie Projekts leitet.

Mikrokugeln aus Nanowürfeln

Jolanda Müller fertigt Mikrokugeln aus Nanowürfeln. Es ist einleuchtend: Dreht sich eine Kugel aus vielen Würfeln, anstatt ein würfelförmiger Kristall, leicht um die eigene Achse, bleibt sie – im Gegensatz zum Würfel – für das eintreffende rote Licht immer optimal positioniert. Die knifflige Frage ist, wie können frequenzverdoppelnde Kristalle von 100–400 Nanometern in die Form von Mikrokugeln von rund 20 Mikrometern Durchmesser, also in etwa mit dem Durchmesser eines menschlichen Haars, gebracht werden? Die Antwort ist: Just shake it!
 

Aufnahme von vier Mikrokugeln mit einem Durchmesser von ca. 10–20 Mikrometern aus Lithiumniobat-Nanokristallen unter dem Darkfield-Mikroskop.
Aufnahme von vier Mikrokugeln mit einem Durchmesser von ca. 10–20 Mikrometern aus Lithiumniobat-Nanokristallen unter dem Darkfield-Mikroskop. (Bild: ETH Zürich / D-PHYS Jolanda Müller)

Der Nanoshake

Jolanda Müller stellt den Nanoshake aus Lithiumniobatpulver, Wasser und Öl her. Das Pulver bereitet eine ihrer Kolleginnen eigens zu diesem Zweck her. Sie schüttelt die Zutaten zu einer Emulsion. Es bilden sich kleinste Wasserblasen im Öl, in denen sich das kristalline Lithiumniobat sammelt. Danach lässt sie das Wasser verdunsten. Dadurch verdichten sich die von Natur aus kugelförmigen Wasserbläschen mit dem eingeschlossenen Lithiumniobat bis zuletzt ein winziger, kugelrunder Kristallcluster übrig bleibt. Dieser wird von der Forscherin nun vom Öl gereinigt. Nun haben die so entstandenen Kugeln aus nicht gerichteten Kristallen die gewünschte Eigenschaft: In welcher Position auch immer sie zum eintretenden Lichtstrahl stehen, sie verdoppeln die Frequenz des Strahls wie gewünscht. Präziser formuliert: Ein langwelliger Lichtstrahl trifft auf die Kugel, die in jeder Position so mit dem Licht interagiert, dass sich bei einem Teil des Lichts die Frequenz verdoppelt und damit einen kurzwelligen Lichtstrahl erzeugt. Das kurzwellige, energiereichere Licht kann für Messungen aller Art verwendet werden.  

Resonanzen in der Kugel

Wärend dieser Grundlagenforschung an den Mikrokugeln konnten die Forschenden ebenfalls beobachten, dass sich innerhalb dieser Kugeln Resonanzen bilden, die zusätzlich zur Verstärkung der austretenden Energie beitragen. Wie ist das möglich? Haben die Kugeln zufällig den richtigen Durchmesser, dass sich Lichtwellen im optimalen Abstand zu ihrer Wellenlänge an den Wänden spiegeln, verstäkt sich das Licht. Dieses Phänomen können wir nicht nur bei Licht-, sondern auch bei Schallwellen beobachten. Auch funktioniert es genau so gut im Grossen wie im Allerkleinsten. Zum Beispiel beim Echo, akustischen Spiegeln, griechischen Amphitheatern oder den Refflektoren von Autoscheinwerfern. Aktuell kann dieses Phänomen am Campus Hönggerberg sogar selbst ausprobiert werden.

ETH-Professorin Rachel Grange erklärt in ihrem Labor am Campus Hönggerberg in Zürich der Gruppe «Honours Academy Students» der niederländische Radboud University Nijmegen das Grundprinzip ihrer Forschung.
ETH-Professorin Rachel Grange erklärt in ihrem Labor am Campus Hönggerberg in Zürich der Gruppe «Honours Academy Students» der niederländische Radboud University Nijmegen das Grundprinzip ihrer Forschung. (Foto: ETH Zürich / D-PHYS Heidi Hostettler)

Geballte Tour, organisiert durch ETH Global

Die Studierenden mit Hauptinteresse Physik verfolgten die Ausführung der Forschenden trotz ihres intensiven Programms mit grosser Aufmerksamkeit und stellten immer wieder Fragen. Die andere Hälfte der Gäste – mit Hauptinteresse an Biologie – nahmen an zwei ausgewählten Führungen durch die Labore des Departements Biologie teil. Wie einer ihrer Lehrer bereits nach der Führung über den ganzen Campus Hönggerberg und Einleitung durch den ETH-Stundenten Hannes Heller angekündigte, erwartet er von ihnen Berichte zu den angebotenen Spezialführungen. Da kam ihnen am Ende der Tour das wunderbare Wetter am 28. Februar 2019 bestimmt gelegen: Beine hoch und Sonne geniessen, ohne sich über Lichtreflektionen und Spiegelungen von Photonen Gedanken zu machen. Am Folgetag gingen für sie die Erkundigungen in der ETH Zürich weiter. Das Programm dazu hatte ETH Global, das International Office der ETH Zürich, organisiert. Wir hätten es als Mitarbeitende der ETH Zürich zusammen mit den Gästen gerne gleich weiter mitverfolgt.
 

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